Fehlerhafter Energieausweis – Kann es zu Schadenersatz führen?

Veröffentlicht am: 2. Juni 2025
Letztes Update: 12. Mai 2025
Team Immobilienwerker
Autor: Team Immobilienwerker

Ein fehlerhafter Energieausweis kann für Immobilienbesitzer und Käufer erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben. Wenn die Energiekennwerte nicht der tatsächlichen energetischen Beschaffenheit des Gebäudes entsprechen, drohen dem Verkäufer Schadensersatzansprüche nach § 434 BGB wegen eines Sachmangels.

Die EnEV (Energieeinsparverordnung) schreibt vor, dass beim Immobilienverkauf ein korrekter Energieausweis übergeben werden muss, der den realen Heizenergiebedarf und die Wärmedämmung des Objekts widerspiegelt. Verschiedene Gerichtsurteile, unter anderem vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht, haben die Haftung von Verkäufern bei falschen Energieangaben bestätigt.

Wer als Käufer mit überhöhten Energiekosten konfrontiert wird oder als Verkäufer mit Haftungsansprüchen rechnen muss, sollte sich frühzeitig an einen Rechtsanwalt mit Expertise im Immobilienrecht wenden. Die Fehlerquellen im Energieausweis sind vielfältig – von unzureichenden Gebäudeangaben bis hin zu fehlerhaften Berechnungen des Energiebedarfs durch den Aussteller.

factDas Wichtigste auf einen Blick

  • Energieausweise müssen spätestens bei der Besichtigung vorgelegt werden, andernfalls drohen Bußgelder von bis zu 15.000 Euro.
  • Verkäufer sind verpflichtet, korrekte Energieausweise auszustellen und zu übergeben, wobei fehlerhafte Angaben in Immobilienanzeigen mit Bußgeldern bis zu 10.000 Euro bestraft werden können.
  • Die Übergabe eines inhaltlich falschen Energieausweises ist keine Ordnungswidrigkeit, es sei denn, der Verkäufer hat wissentlich falsche Daten bereitgestellt.
  • Aussteller des Energieausweises, nicht der Eigentümer, haften primär für Fehler und können bei groben Fehlern zur Korrektur verpflichtet werden.
  • Typische Fehlerquellen sind unzureichende Datenerfassung, fehlerhafte Berechnungen, Nichtberücksichtigung von Faktoren wie Solargewinnen sowie mangelnde Qualifikation des Ausstellers.

Fehlerhafte Angaben im Energieausweis: Haftet der Verkäufer?

Wer kennt das nicht? Sie interessieren sich für eine Immobilie, bekommen den Energieausweis zu sehen und treffen auf dieser Basis Ihre Kaufentscheidung. Doch was, wenn sich später herausstellt, dass die Angaben im Energieausweis fehlerhaft waren? Ein echtes Problem, das ich in meiner 15-jährigen Beratungspraxis immer häufiger erlebe.

Der Energieausweis dient als wichtiges Dokument bei jeder Immobilientransaktion. Er gibt Auskunft über die energetische Qualität eines Gebäudes und enthält wesentliche Informationen zum Energiebedarf oder -verbrauch. Die dort enthaltenen Angaben können entscheidend für den Kauf sein – und entsprechend teuer kann es werden, wenn diese falsch sind.

Als Käufer haben Sie bei falschen Angaben im Energieausweis unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Schadensersatz. Doch haftet automatisch der Verkäufer? Die kurze Antwort: Es kommt drauf an.

Falsche Energiekennwerte und ihre Folgen

Falschangaben im Energieausweis können verschiedene Konsequenzen nach sich ziehen. Der Käufer einer Immobilie verlässt sich auf die dargestellten Werte und kalkuliert damit langfristige Kosten für Heizung und Warmwasser. Stimmen die Werte nicht, kann das zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.

In einem bemerkenswerten Fall, den ich vor einigen Jahren betreut habe, kaufte eine Familie ein Einfamilienhaus. Der Energieausweis wies einen Energiebedarf von nur 80 kWh/m² pro Jahr aus – ein guter Wert. Nach dem ersten Winter zeigte sich jedoch, dass der tatsächliche Verbrauch mehr als doppelt so hoch lag! Die Heizkosten sprengten das Budget der Familie.

Was sind die möglichen Folgen solcher Diskrepanzen?

  • Unerwartet hohe Energiekosten
  • Minderung des Immobilienwerts
  • Notwendige kostspielige Sanierungen
  • Eingeschränkte Vermietbarkeit

Das Oberlandesgericht Schleswig hat in einem richtungsweisenden Urteil vom 13.03.2015 festgestellt, dass falsche Angaben zum Energieausweis und der Projektdokumentation einen Mangel darstellen können, wenn im Kaufvertrag die energetische Qualität der Immobilie als Beschaffenheit vereinbart wurde.

Pflichten des Verkäufers beim Immobilienverkauf

Als Verkäufer einer Immobilie müssen Sie sich Ihrer Pflichten bewusst sein. Die Übergabe des Energieausweises ist gesetzlich vorgeschrieben – und zwar spätestens bei der Besichtigung. Wann haben Sie als Verkäufer den Energieausweis vorzulegen? § 16 EnEV regelt dies klar.

Der Verkäufer muss:

  1. Den Energieausweis bei ernsthaftem Kaufinteresse unaufgefordert vorlegen
  2. Den Ausweis spätestens bei Besichtigung übergeben
  3. Bei Vertragsabschluss das Original oder eine Kopie aushändigen
  4. Sicherstellen, dass die Angaben zum Energieausweis korrekt sind

Wer diese Pflichten verletzt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro gemäß der EnEV 2014. Abgesehen von diesen ordnungsrechtlichen Konsequenzen stellt sich die Frage: Haftet der Verkäufer auch zivilrechtlich für fehlerhafte Angaben im Energieausweis?

Die Antwort hängt davon ab, ob die Angaben aus dem Energieausweis zur vereinbarten Beschaffenheit der Immobilie im Sinne des § 434 BGB geworden sind. Dies kann explizit im Kaufvertrag festgehalten sein oder sich konkludent aus den Umständen ergeben.

“Letzte Woche hatte ich einen Fall, wo der Verkäufer beteuerte, er hätte den Energieausweis nur weitergegeben, aber keine Garantie für dessen Inhalt übernommen”, erinnere ich mich. “Das hat vor Gericht nicht standgehalten, weil er die Werte im Verkaufsgespräch als besonderes Merkmal hervorgehoben hatte.”

Rechtliche Konsequenzen für fehlerhafte Energieausweise

Die zivilrechtlichen Folgen eines fehlerhaften Energieausweises können erheblich sein. Wenn die energetische Beschaffenheit der Immobilie im Kaufvertrag zugesichert wurde (auch durch Bezugnahme auf den Energieausweis), liegt bei Abweichungen ein Mangel gemäß § 434 Abs. 1 BGB vor.

Der Käufer kann dann verschiedene Rechte geltend machen:

AnspruchVoraussetzungUmfang
NacherfüllungMangelhafte LeistungEnergetische Sanierung
MinderungNachfristsetzung erfolglosPreisreduktion um Minderwert
SchadensersatzVerschulden des VerkäufersVolle Kompensation des Schadens

Wichtig zu wissen: In notariellen Kaufverträgen findet sich häufig ein Gewährleistungsausschluss. Dieser greift jedoch nicht bei arglistiger Täuschung. Hat der Verkäufer bewusst falsche Angaben zum Energieausweis gemacht oder Mängel verschwiegen, kann er sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen.

Das OLG München hat in mehreren Fällen entschieden, dass ein Verkäufer haftet, wenn er einen fehlerhaften Energieausweis übergibt und die dortigen Angaben zur Beschaffenheit der Immobilie zusichert. Die Gerichte betrachten dabei besonders, ob die Angaben im Energieausweis zu erweitern Teil der Beschaffenheitsvereinbarung wurden.

Hab ich selbst erlebt: Ein Makler versuchte, sich aus der Affäre zu ziehen, indem er sagte: “Der Energieausweis ist doch nur Formsache!” Das sehen Gerichte mittlerweile völlig anders. Gerade in Zeiten steigender Energiepreise wird die energetische Qualität der Gebäudehülle immer wichtiger.

Fehlerquellen im Energieausweis und Haftung des Ausstellers

Der Energieausweis ist ein komplexes Dokument, bei dessen Erstellung viele Fehler passieren können. Als Rechtsanwalt erlebe ich immer wieder, dass selbst professionelle Aussteller Fehler machen, die schwerwiegende Konsequenzen haben.

Wer einen Energieausweis erstellt, übernimmt Verantwortung. Denn neben dem Verkäufer kann auch der Aussteller des Energieausweises haften, wenn dieser fehlerhafte Angaben enthält. Doch was sind typische Fehlerquellen?

Typische Fehler beim Energieausweis erstellen

Beim Energieausweis erstellen schleichen sich regelmäßig Fehler ein, die zu falschen Energiekennwerten führen können. Diese Fehler sind nicht immer sofort erkennbar, können aber erhebliche Auswirkungen haben.

Eine häufige Fehlerquelle ist die falsche Erfassung des Baujahrs oder der Wärmequellen. Auch die Gebäudehüllflächen werden oft ungenau berechnet. Mir ist ein Fall bekannt, wo ein Aussteller versehentlich die Fläche eines angrenzenden Wintergartens nicht berücksichtigte – mit dem Ergebnis, dass der ausgewiesene Energiebedarf deutlich zu niedrig angesetzt wurde.

Weitere typische Fehler sind:

  • Unvollständige Angaben zur Heizanlage
  • Falsche Erfassung der Gebäudehülle und Dämmstärken
  • Fehlerhafte Berechnung der Wärmebrücken
  • Ungenaue Angaben zur Warmwasserbereitung
  • Unberücksichtigte Solargewinne
  • Falsche Annahmen zum Lüftungskonzept

Ein Energieausweis vom 23.12.2010 enthält möglicherweise nicht mehr die aktuellen energetischen Daten, wenn seitdem Modernisierungen vorgenommen wurden. Dennoch wird er häufig ungeprüft weiterverwendet.

Die Qualität der erhobenen Daten ist entscheidend. “Ich vertraue da meinem Augenmaß” – diesen Satz hörte ich tatsächlich mal von einem Energieaussteller. So entstehen natürlich keine verlässlichen Ausweise!

Unzureichende Gebäudeangaben und energetische Daten

Ein weiterer kritischer Punkt sind unzureichende Gebäudeangaben. Die Qualität eines Energieausweises steht und fällt mit der Genauigkeit der Basisdaten.

Wenn wesentliche Angaben zum Gebäude fehlen oder falsch sind, kann der Energieausweis die energetische Qualität nicht korrekt abbilden. Dies betrifft insbesondere:

  1. Falsche Angaben zur Nutzfläche
  2. Ungenaue Erfassung der Dämmstärken
  3. Fehlerhafte Daten zu Fenstern und Türen
  4. Unvollständige Informationen über Heizungsanlagen
  5. Falsche Annahmen zum Nutzerverhalten

Ich erinnere mich an einen Eigentümer eines Einfamilienhauses, der sich wunderte, warum sein neuer Energieausweis so viel schlechter ausfiel als der alte. Bei genauerer Prüfung stellte sich heraus, dass im alten Ausweis die Wandstärken falsch eingetragen waren – 36 cm statt tatsächlicher 24 cm. Ein gewaltiger Unterschied für die Berechnung!

Bei Bedarfsausweisen kommt es besonders auf korrekte Berechnungen an. Die verwendeten Formeln sind komplex, und kleine Fehler können zu großen Abweichungen führen. Zudem erfordert die EnEV spezifische Kenntnisse, die nicht jeder Aussteller in vollem Umfang besitzt.

Haftung des Ausstellers bei falschen Angaben

Wer haftet, wenn im Energieausweis falsche Angaben stehen? Neben dem Verkäufer kann auch der Aussteller des Energieausweises zur Verantwortung gezogen werden.

Die Haftung des Ausstellers ergibt sich in erster Linie aus dem Vertragsverhältnis mit seinem Auftraggeber. Hat der Aussteller seine Pflichten verletzt und falsche Daten verwendet, kann er nach den Regeln des Werkvertragsrechts haften.

Darüber hinaus ist auch eine deliktische Haftung nach § 823 BGB denkbar, wenn Dritte (wie Käufer oder Mieter) durch die falschen Angaben geschädigt werden. Aussteller sollten daher eine Berufshaftpflichtversicherung haben, die solche Risiken abdeckt.

Rechtsanwälte raten übrigens dazu, im Kaufvertrag klar zu regeln, ob und inwieweit die Angaben aus dem Energieausweis Vertragsbestandteil werden. Ein pauschaler Ausschluss jeglicher Haftung für Angaben im Energieausweis ist allerdings unwirksam, wenn der Verkäufer die energetische Qualität der Immobilie zugesichert hat.

Ein Haftungsrisiko besteht für den Aussteller auch dann, wenn er bewusst falsche Daten verwendet oder Fehler und Mängel nicht korrigiert, obwohl er sie erkennt. Die Rechtsprechung des OLG hat in mehreren Fällen bestätigt, dass Aussteller für grobe Fehler bei der Erstellung von Energieausweisen haften.

Ich hatte einen Fall, wo ein Aussteller die U-Werte einer Wand komplett falsch berechnet hatte. Als der Fehler aufflog, wollte er sich mit dem Argument herausreden, es handle sich nur um eine “theoretische Berechnung”. Das Gericht sah das anders und verurteilte ihn zum Schadensersatz.

Käufer oder Mieter können bei falschen Angaben im Energieausweis ihre Rechte geltend machen. Wer jedoch als Verkäufer oder Aussteller vorsätzlich fehlerhafte Energieausweise erstellt, riskiert mehr als zivilrechtliche Folgen: Ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro kann fällig werden. Bei besonders schwerwiegenden Manipulationen können sogar Strafen bis zu 50.000 Euro drohen.

Die Übergabe des Energieausweises nebst Projektdokumentation ist somit weit mehr als eine Formalität – sie kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben.

Haben Sie Fragen zu Ihrem fehlerhaften Energieausweis? Wendens Sie sich an spezialisierte Rechtsanwälte, die Erfahrung mit Energierecht und Immobilienkauf haben.

Die Prüfung, ob falsche Angaben im Energieausweis vorliegen, ist oft komplex und erfordert sowohl rechtliches als auch technisches Fachwissen. Nur so lassen sich mögliche Schadensersatzansprüche fundiert durchsetzen – oder als Verkäufer unbegründete Forderungen abwehren.

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